Oecotrophologen, gibt’s die in den Sozialen Medien? Ernährungswissenschaftler haben keinen leichten Stand in Medien, in denen gerne populistische und oft falsche Ernährungsinformationen hinausposaunt werden. Doch gerade dort werden sie umso dringender gebraucht. Aber wo sind Oecotrophologen in den Sozialen Medien aktiv? Wie können sie sich wirkungsvoll präsentieren und ihre Ernährungs-Expertise rüberbringen? Das waren Kernfragen beim gemeinsamen Treffen von PR-Netzwerk und Wirtschafts-Netzwerk des Berufsverbandes Oecotrophologie e. V. (VDOE) am 24.11.2018 in Berlin. Der Tag zeigte: Viele Oecotrophologen sind schon sehr aktiv, aber es dürften gerne noch mehr werden. Wo sie zu finden sind und wie man sich der Community anschließen kann, verrate ich unten.
Digitale Kommunikation in Agentur, Organisation und Unternehmen
In Agenturen, Organisationen und Unternehmen, aber auch als Freiberufler nutzen bereits zahlreiche Oecotrophologen Soziale Medien als tägliches Handwerkszeug. Auf dem Netzwerktreffen gewährten sie einen spannenden Einblick in ihre Arbeit.
PR-Agentur setzt auf Soziale Medien
Den Aufschlag machte die Ex-VDOE-Vorsitzende Kerstin Wriedt, im Hauptjob Direktorin in der Hamburger Agentur Cohn & Wolfe. Auf amüsante Weise führte sie durch den Wandel in der PR-Kommunikation, um abschließend festzustellen, dass es immer schwieriger wird, PR-Themen in klassischen Medien auszuspielen. Soziale Medien bieten da gute Möglichkeiten, die Botschaften genau an die richtige Zielgruppe zu bringen. So gelang es Cohn & Wolfe z. B. für eine HIV-Kampagne gezielt Männer, die sich für Männer interessieren anzusprechen. Wichtig: Social-Media-Kampagnen müssen knackig auf den Punkt kommen, da die Aufmerksamkeitsspanne der User nur 8 Sekunden beträgt. Kerstin Wriedt nennt das treffend „Eichhörnchen-Aufmerksamkeit“. Wie Eichhörnchen hüpfen die User von Supernuss zu Supernuss. Ein großartiges Bild, das sofort hängen geblieben ist.
Social Media für die Lebensmittelwirtschaft
Ganz und gar in den Sozialen Medien zuhause ist Thomas Fiege, der die Social-Media-Kanäle des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) mit einer Vollzeitstelle betreut. Der Kommunikations- und Medienwissenschaftler wird fachlich unter anderem von Oecotrophologin Manon Struck-Pacyna unterstützt, die das Netzwerktreffen mit organisierte hatte. Mit reichlich Social-Media-Kompetenz, Humor und guten Ideen lanciert Thomas Fiege BLL-Themen auf Facebook (1 Post pro Woche), Twitter und Instagram. Tiefergehender Content läuft über YouTube. Einer seiner zahlreichen Praxistipps: Auf Twitter maximal einen Hashtag pro Posting verwenden, aber auf Instagram die erlaubten 30 Hashtags ausnutzen. Um das Generieren der vielen Hashtags zu erleichtern, empfiehlt er den Instagram Hashtag Composer.
Social-Media-Strategie für Getränke
Welche Überlegungen hinter dem Social-Media-Auftritt eines großen Getränkekonzerns stehen, erläuterte Leane Zaborowski, Brand-PR-Managerin bei Coca-Cola Deutschland GmbH. Natürlich bedient der Getränkeriese alle klassischen Kanäle. Dabei sieht die Kommunikationswissenschaftlerin derzeit besonders großes Potential in LinkedIn. Bei Facebook sind ihr Followerzahlen nicht mehr so wichtig. Da Unternehmen nur noch mit bezahlten Posts wirklich durchdringen (da sind sich alle Anwesenden einig), werden diese unabhängig von den Followern an die gewünschte Zielgruppe ausgespielt. Coca-Cola kommuniziert heute auch kritische Themen aktiv, denn Transparenz wird immer wichtiger. Deshalb sind viele Mitarbeiterinnen unter eigenem Namen in Sozialen Medien unterwegs, wie z. B. VDOE-Mitglied Carolin Seitz, die das Netzwerktreffen ebenfalls mit organisiert hat.
Fishbowl-Diskussion über Soziale Medien
Sind Social Media lästige Pflicht oder glänzende Kür? Das wollte ich als Moderatorin der offenen Fishbowl-Diskussion von allen Anwesenden wissen. Stolze 72 % votierten per Online-Abstimmung über slido.com für „glänzende Kür“ – anscheinend gibt es viele begeisterte Social-Media-Fans im Netzwerk. Bei der späteren Abfrage der aktiv genutzten Social Media Kanäle outeten sich aber auch 4 %, die keinen Kanal bespielten. Meistgenutzte Kanäle waren mit weitem Abstand Facebook und Xing/LinkedIn (je 83 %).
Wie Oecotrophologen Soziale Medien für sich nutzen
Als Einstieg in die Diskussion stellten sich vier Social-Media-aktive Netzwerkfrauen meinen Fragen. Für die aus dem Fernsehen und als Autorin bekannte Oecotrophologin Alexa Iwan sind Soziale Medien definitiv glänzende Kür. Sie könnte zwar theoretisch auf die neuen Kommunikationskanäle verzichten, möchte das aber nicht, weil es ihr viel Spaß macht. Sie glänzt mit gut 12.800 Abonnenten bei Facebook und über 2.000 bei Instagram. Das macht sie nicht nur sichtbar, sondern auch attraktiv für Auftraggeber.
Eine weitere Erfolgsstory steuerte Oecotrophologin Candy Sierks von der Münchner PR-Agentur kommunikation.pur bei. Mit neuer Website inklusive Branchen-Blog und kompetent bespielten Social Media Kanälen hat sich die Agentur konsequent „social“ aufgestellt. Das überzeugt auch die Kunden, die Social-Media-Know-how suchen und hier live und in Farbe sehen können, wie man es macht.
Netzwerkmitglied Carolin Seitz ist auf Facebook, Twitter, Insta & Co. unter ihrem Namen auch für ihren Arbeitgeber Coca-Cola aktiv. Das funktioniert sowohl für sie als auch für das Unternehmen gut. Das Unternehmen wird dadurch transparenter und bekommt ein Gesicht. Carolin Seitz postet neben Beruflichem auch mal über sportliche oder andere Aktivitäten – persönlich, aber nicht zu privat.
Als freiberufliche PR-Beraterin und Texterin hat Oecotrophologin Gabi Freitag-Ziegler keinen großen Apparat hinter sich, stürzt sich jedoch mit viel Enthusiasmus und manchen Zweifeln in das Abenteuer Soziale Medien. Authentisch und ehrlich, mit wertvollen Fachbeiträgen und selbstgemachten Fotos von selbstgekochtem Essen füttert sie vor allem Twitter und Instagram. Auch sie berichtete, dass potentielle Kunden zunehmend über die Präsenz in Sozialen Medien auf sie aufmerksam werden.
Social Media Tipps für Oecotrophologen
Einsteigern in die Sozialen Medien riet Gabi Freitag-Ziegler, einfach loszulegen, zu schauen, wie es andere machen, zu fragen und auszuprobieren. Candy Sierks meinte, es sei aber auch wichtig, sich Gedanken über die eigene Social-Media-Strategie zu machen: Was will ich erreichen? Welche Ziele, welche Zielgruppe? Danach sollte man die Social Media Kanäle auswählen und sie strategisch bespielen. Ein klares Zeitmanagement gehört für sie ebenfalls dazu. Sie blockt im Kalender feste Zeitfenster für Facebook, Twitter, Instagram & Co.
Wie kriegt man das alles professionell und zeitlich hin? Man muss nicht alles selbst machen, meinten die „Fernsehfrauen“ Alexa Iwan und Anja Tanas. Um in Sozialen Medien professionell aufzutreten und regelmäßig präsent zu sein, kaufen sie sich teilweise Unterstützung ein – eine Investition, die sich letztlich auszahlt.
Mehr zum Thema auch in meinem Bericht zur Social-Media-Duskission beim Kongress Ernährung 2018 sowie in meiner Liste hilfreiche Tipps & Tools für das Arbeiten mit Social Media (zum Download).
Gemeinsam stark: vernetzte Ernährungsexperten
Heiß diskutiert wurde die Frage, wie Ernährungsexpertinnen und -experten einander unterstützen, ihre Expertise sichtbar machen und ein besseres Standing im Netz erreichen können. Viele berichteten, dass sie bereits mit anderen Ernährungsfachkräften vernetzt seien und sich fleißig gegenseitig teilen und liken. Manche sahen jedoch die Gefahr, dass wir Ernährungsfachleute nur im eigenen Saft schmoren, während selbsternannte Experten wie Köche, Blogger etc. die Deutungshoheit über das Thema Ernährung übernehmen. Einig waren sich alle, dass unbedingt mehr Ernährungswissenschaftler in Sozialen Medien aktiv werden sollten, um das Thema wirkungsvoller zu besetzen.
Ernährungsprofis, bitte mitmachen: Wer dabei sein und sich mit anderen Ernährungsfachkräften aus Oecotrophologie und verwandten Disziplinen vernetzen möchte, ist herzlich eingeladen, der geschlossenen Facebookgruppe VDOE PR-Netzwerk beizutreten. Sie ist auch für Nicht-VDOE-Mitglieder offen.
Wer hat weitere Ideen für die Vernetzung von Ernährungsfachkräften? Immer her damit – sei es in der Facebookgruppe oder hier in den Kommentaren.
Für noch mehr Info empfehle ich den Blog-Salat von Kollegin Gabi Freitag-Ziegler, die ebenfalls über Ernährungswissenschaftler in Social Media gebloggt hat, mit Berichten und Tipps von verschiedenen Fachveranstaltungen.
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